Petra war zutiefst enttäuscht. Die Familie, in der sie sich 20 Jahre lang geborgen gefühlt hatte, war über Nacht zerbrochen. Ihre Mutter wollte ihren Vater verlassen, wo er sie doch gerade jetzt so sehr brauchte. Er benötigte ihre Liebe und Fürsorge, stattdessen zog sie es vor, ihr Leben mit einem anderen, gesunden Mann zu teilen. Petra könnte es einfach nicht fassen, und doch wusste sie, dass es in ihrer Familie schon lange nicht mehr zum Besten stand. Spätestens seit Carmen das Kind von Kalle verloren hatte, war es bergab gegangen. Die Fassade wurde sicherlich noch eine Zeitlang aufrecht erhalten, aber es schien, als sei der Sinn der Ehe ihrer Eltern mit dem Auszug der Kinder in Frage gestellt worden. Petra ahnte, dass ihr Vater von der Affäre ihrer Mutter gewusst haben musste. Wahrscheinlich war das der Auslöser für seinen körperlichen und seelischen Zusammenbruch. Und ihre Mutter hatte immer alles daran gesetzt, ihr die Schuld zu geben, weil sie mit Alex einen Mann geheiratet hatte, der ihr nicht in den Kram passte. Aber ihr Vater hatte zumindest versucht, sie zu verstehen, und er hatte Alex geholfen. Er war bemüht, Alex' Vertrauen zu gewinnen, auch wenn sich dieses Unterfangen als sehr schwierig erwies. Und schließlich hatte Alex zugestimmt, dass ihr Vater bei Ihnen wohnen konnte, sobald er aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Alex war im Grunde seines Herzens ein liebenswerter Mensch, auch wenn er oft verschlossen und ernst wirkte. Er hatte es sicher seiner Kindheit nicht leicht gehabt und das hatte Spuren in seinem Charakter und seinem Verhalten hinterlassen. Petra fragte sich immer wieder, warum er nicht mit ihr über seine Vergangenheit sprach. Immer wenn sie das Thema auch nur zaghaft berührte, wehrte er sofort ab. Manchmal war er nahezu ungehalten. Letztens hatte er sie angeschrien, es bringe nichts, über seine Mutter zu reden, sie wäre ohnehin schon über 7 Jahre tot. Dann hätte er sich abgewandt, doch sie sah, wie sein kräftiger Körper zitterte. "Es würde dir bestimmt besser gehen, wenn du mit mir darüber sprichst, Alex. Ich bin doch deine Frau. Wir haben zwei Kinder. Wovor hast du Angst?", hatte sie ihn verzweifelt gefragt. Er sah sie an und seine goldbraunen Augen blickten trotzig drein. "Ich habe vor nichts und niemandem Angst. Und ich wüsste auch nicht, was ich dir über meine Kindheit erzählen sollte. Sie ist vorbei und vergessen. Und wie du bereits gesagt hast, wir haben zwei Kinder, und ich möchte Ihnen ein guter Vater sein. Und jetzt gehe ich duschen." Damit verschwand er im Bad und knallte die Tür lautstark hinter sich zu. Petra wagte es an diesem Abend nicht mehr, das Thema anzusprechen. Nachdem er geduscht hatte, war Alex wie ausgewechselt. Sie liebten sich zärtlich, bis Kai zu schreien begann, und Petra bald darauf ins Kinderzimmer ging und ihn auf den Arm nahm, bis er sich wieder beruhigt hatte. Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, schlief auch Alex. Es hatte ihn auf der Couch übermannt. Kein Wunder bei dem Pensum, das er in den letzten Wochen durchgezogen hatte. Sie versuchte, ihn zu wecken, doch es gelang ihr nicht. Es war fast Mitternacht. Glücklicherweise war morgen Samstag und Alex konnte ausschlafen. Sie legte eine Decke über seinen Körper und ging zu Bett. Sie konnte lange Zeit nicht einschlafen. Sie musste an ihren Vater denken, an ihre Mutter und an Alex und daran, wie sich ihr Leben im letzten Jahr verändert hatte.
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