Markus und Tina waren am Dienstag noch bis Anschlag Schi gefahren. Das Wetter war hervorragend. Die Sonne schien, der Schnee glitzerte, es war kalt und die Pisten waren bestens präpariert. Das einzige, was Markus bedauerte, war, dass Carmen das nicht mit erleben konnte. Tina war eine gute Freundin und eine bessere Schifahrerin als Carmen, da sie die Bretter ebenfalls von klein auf gewohnt war, aber sie war nicht das Mädchen, dass er begehrte. Nachdem sich Markus ihr anvertraut hatte, waren sie sich nicht wieder so nahe gekommen. Sie waren Arm in Arm im Mondschein spazieren gegangen, und es war diesmal Tina gewesen, die über ihre Liebe zu Mario sprach. Sie hatten sich dann und wann berührt oder sich einen Kuss auf die Wange gedrückt. Aber sie hatten nicht noch einmal den Versuch unternommen, miteinander zu schlafen. Und Markus war froh darüber. Zum einen stand er unter psychischem Druck und hatte Angst, erneut zu versagen, andererseits wollte er sein Gewissen Carmen gegenüber nicht noch mehr belasten. Auf der Rückfahrt hatte er an einem Landgasthof angehalten und Tina zum Essen eingeladen. Sie hatten nerumgeblödelt. Sie waren völlig entspannt, gut erholt nach diesen Tagen im Schnee. Markus fühlte sich zumindest körperlich wieder fit. Aber jetzt drängte es ihn, Carmen wiederzusehen. Sie hatten einige Male flüchtig telefoniert. Carmen schien tatsächlich viel um die Ohren zu haben, manchmal hatte er sie weder in Stinau noch auf ihrem Handy erreicht. Und wenn er mit ihr sprach, klang sie gehetzt. Sie hatte ihm zu verstehen gegeben, dass sie sich freuen würde, wenn er es am Dienstagabend zu der Lesung in der Bücherei schaffen würde. Und das hatte er sich fest vorgenommen, obwohl es ihm etwas unangenehm war, ihr nach vier Tagen Trennung in der Öffentlichkeit begegnen zu müssen. Nachdem er das Essen bezahlt hatte, war er mit Tina aufgebrochen und schneller als es erlaubt war, in Richtung Grafing gefahren. Er setzte Tina an ihrer Wohnung ab und half ihr das Gepäck nach oben und die Ski in den Keller zu tragen. Zum Abschied umarmten sie sich freundschaftlich in ihrem Flur. "Du kannst gern noch auf ein Gläschen Wein bleiben.", bot sie ihm an. Doch er schüttelte den Kopf und küsste sie auf den Scheitel. "Danke Tina. Ich weiß, das ist lieb gemeint, aber ich möchte nach Hause." Sie lächelte ihn verständnisvoll an. "Du meinst, du möchtest zu Carmen.", korrigierte sie gewagt. "Wie spitzfindig ihr Frauen doch seid.", meinte er belustigt. "Wir sehen uns ja dann spätestens am Montag." Sie nickte betrübt. "Ich muß ja morgen schon wieder antanzen, und du hast noch den Rest der Woche frei. Das ist ungerecht." Sie schmollte. "Aber ein klein wenig ist es auch Taktik. Ich befürchte, Claudia hat Lunte gerochen." Er verstummte und sah sie prüfend an. Sie lächelte. "Mach dir keine Sorgen, Markus. Ich werde ihr morgen vorschwärmen wie herrlich die Zeit mit Mario gewesen ist. Ich habe wirklich nicht vor, dir Unannehmlichkeiten zu machen. Dazu mag ich dich viel zu sehr.." Markus fuhr ihr durch die schwarze Mähne. "Ich bin dir sehr dankbar, Tina. Für alles, was du für mich getan hast." Sie blickte zu ihm auf. "Ich habe es gern getan, und ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst." Sie küssten sich auf den Mund. Dann wandte sie sich ab. "Bis Montag, Tina.", sagte er. Sie hob die Hand. "Einen schönen Urlaub noch, Markus." Doch er war schon im Treppenhaus verschwunden.
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