Der "Tag der offenen Tür" im BMW-Autohaus war ein voller Erfolg gewesen. Und genau das hatte Markus mitteilen wollen, als er sie in ihrem Elternhaus nicht erreichen konnte und dann von Alex erfuhr, dass sie zum Klassentreffen gegangen war, wo sie sich in aller Wahrscheinlichkeit mit ihrem Exfreund amüsierte. Markus konnte es nicht fassen. Seit er von Carmens Vergangenheit wußte, war ihm dieser Kalle ein Dorn im Auge. Und das hatte anscheinend seine Berechtigung. Dabei hatte er gerade begonnen, sich mit dem Gedanken, dass Carmen nichts mehr für diesen Fiesling empfand, anzufreunden. Und dann fuhr sie zu diesem Klassentreffen und ließ ihn in dem Glauben, sie hätte Sehnsucht nach ihrer Familie und wollte deshalb unbedingt zu Stefans Geburtstag in Leipzig sein. Und er war darauf reingefallen. Er hatte Carmen unterschätzt. Er fühlte sich betrogen, und er war wütend. Er ließ sich nicht an der Nase herumführen, gleich gar nicht von einem Mädchen, das fast noch ein Kind war. Markus entschied sich, ins Autohaus zurückzukehren und beim Aufräumen zu helfen, obwohl er als Verkäufer nicht dazu verpflichtet war. Aber er mußte etwas tun, um sich abzureagieren. Claudia grinste ihn herablassend an, als er das Geschirr einzusammeln begann. Er ignorierte sie. Stattdessen fiel sein Blick auf Tina, die ihn im Gegensatz zu Claudia freundlich anlächelte. "Nett von dir, dass du mithilfst.", sagte sie gutgelaunt. "Kein Thema.", erwiderte er lakonisch. Er wandte sich um und sah Tina mit schwingenden Hüften in die Küche eilen, um das Geschirr zu verstauen. Sie war ohne Zweifel eine attraktive Frau, und sie schien ihn zu mögen. Als er gedankenverloren die Teller übereinander stellte, stand Tina plötzlich wieder vor ihm. "Was ist denn los, Markus? Du bist so still." Er setzte sein charmantes Lächeln auf. "Was hast du heute Abend noch vor?" Er zog die Augenbrauen verführerisch nach oben. Tina blickte über die Tische, auf denen sich das schmutzige Geschirr stapelte. "Wenn ich hier fertig bin, sinke ich wahrscheinlich todmüde ins Bett." Er trat einen Schritt auf sie zu und fuhr ihr über das dunkle Haar. "Aber wenn ich dir helfe, sind wir sehr bald fertig. Im Kastenwirt ist heute Tanz. Wenn du Lust hast..." Tinas braune Augen leuchteten. "Und ob. Ich war schon so lange nicht mehr tanzen. Aber", sie sah ihn scharfsinnig an. "Was wird deine kleine Bibliothekarin dazu sage?" Er lächelte vielversprechend. "Nichts. Sie wird es nämlich nicht erfahren." Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis sie aufgeräumt hatten. Die Kollegen waren bereits alle verschwunden. Markus köpfte noch einen Champagner aus dem Kühlschrank. Er saß auf der Ledercouch neben Tina, und er fühlte sich verdammt wohl. Sie unterhielten sich sehr angeregt, und als der Champagner halb leer war, begannen sie, sich zu küssen. "Du hast gesagt, im Kastenwirt ist Tanz.", erinnerte sie ihn ungeduldig. Ihm war nicht mehr danach zumute, das Tanzbein zu schwingen, aber er wollte sie auch nicht enttäuschen. Und Carmen lag sicher in den Armen ihres Exfreundes. Also fuhr er mit Tina zum Kastenwirt, wo sie engumschlungen tanzten. Als die Band den letzten Titel gespielt und das Licht gelöscht hatte, umarmte er Tina. "Gehen wir zu mir. Da sind wir ungestört." Sie zögerte kurz. "Bist du dir sicher, dass das in Ordnung ist?", fragte sie unruhig. Er küsste sie auf die Stirn. "Ganz sicher. Es sind nur ein paar Schritte bis zu meinem Appartement." Sie ließ sich von ihm führen.
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