Alex war glücklich, als er Serfaus hinter sich zurücklassen konnte. Er blickte in den Rückspiegel und fühlte sich befreit. Endlich war er mit Petra allein. Er hatte ihre Nähe in den vergangenen Tagen so sehr vermisst. Auch bei dem herzzerreißenden Abschied auf dem Parkplatz, als er darauf wartete, dass Petra endlich in den Opel einstieg, war ihm schmerzlich bewußt geworden, wieviel Petra an ihrer Schwester und offensichtlich auch an Markus lag. Sie umarmten einander herzlich, und Petra hatte Tränen in den Augen, während Carmen lauthals schluchzte. Und Markus versuchte liebevoll, die beiden Mädchen zu trösten, während er selbst Carmen und Markus lediglich mit einem Händedruck verabschiedet hatte und sich dann in sein Auto verkroch , wo er das Radio einschaltete und nervös darauf wartete, dass Petra sich endlich von ihrer Schwester und deren Freund trennen konnte. Alex drehte die Musik lauter. Der Titel von Bon Jovi gefiel ihm, aber er sang "Who says you can go home", und das hieß auf Deutsch, soweit er der englischen Sprache mächtig war. 'Wer sagt denn, dass du nach Hause gehen kannst....' Er wählte einen anderen Sender. Es erschien ihm wie eine Warnung, wie ein böses Vorzeichen, als wollten Carmen und Markus Petra gar nicht nach Hause lassen. Nicht dorthin, wo sie hingehörte, zu ihm. Er trommelte aufgeregt mit den Fingern gegen das Lenkrad. Er konnte seine Unruhe kaum mehr bändigen. Er war drauf und dran, aus dem Auto zu steigen und Petra zum Einsteigen zu bewegen. Wenn es sein müßte, mit Gewalt. Er erschrak über sich selbst. War die Gewalt, die ihn übermannte, das Erbe seines Vaters? Er wollte Petra nicht weh tun. Niemals, er könnte ja nicht mal einer Fliege etwas zu Leide tun. Aber Petra reizte seine Geduld bis aufs Äußerste. Das war unfair von ihr. Er hatte sich schon bereit erklärt, einige Tage länger in Serfaus zu bleiben, obwohl ihm das überhaupt nicht recht war, aber er hatte es ihr zuliebe getan. Und jetzt kam sie trotzdem nicht los von Carmen, ihrer Schwester, die an der ganzen Misere Schuld war, die bewirkt hatte, dass er bei Petras Eltern als ein Taugenichts abgestempelt war. Und von Markus, diesem unwiderstehlichen Schönling, der Carmen alles bieten konnte, woran Petra nicht einmal zu denken wagte. So hoffte er wenigstens. Petra wußte, dass sie keinen materiellen Wohlstand von ihm zu erwarten hatte, aber er war ihr Ehemann, und sie erwartete Zwillinge von ihm. Vielleicht konnte ihn diese zweifellos schicksalshafte Tatsache retten. Er wollte Petra um keinen Preis verlieren, und deshalb mußte er jetzt gute Miene zum bösen Spiel machen. Endlich kam Petra mit verweinten Augen und immer noch Carmen und Markus wehmütig nachwinkend auf sein Auto zu. Sie öffnete sacht die Beifahrertür und trat instinktiv einen Schritt zurück, weil Alex das Radio so laut plärren ließ. "It's the final countdown..", dröhnte es aus den vollen Kehlen der schwedischen Rockgruppe Europe. "Das ist doch nicht dein Ernst, Alexander!", fauchte Petra. "Was meinst du?", fragte er gereizt. Sie drehte das Radio leiser. "Du bist doch nicht etwa sauer, weil ich mich gebührend von Carmen und Markus verabschiedet habe, ganz im Gegensatz zu dir. Du kannst manchmal richtig ekelhaft sein, dabei haben die beiden sich so um uns bemüht. Ich habe mich jedenfalls sehr wohl gefühlt..." Sie legte ihre Hände auf seine breiten Schultern. Er senkte betroffen den Blick. "Ich will dich, Petra, und ich möchte, dass du dich wohlfühlst. Und wenn du deine Schwester und ihren Freund magst, muß ich das wohl akzeptieren." Petra seufzte. Seine Antwort hatte sie nicht zufriedengestellt.
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