Nachdem sich Carmen mit Andrea unterhalten hatte, war ihr klar, was sie tun musste. Egal, was Andrea von Markus hielt und das war nicht viel, aber sie hatte insofern recht, dass sie sich um Kalle kümmern musste. Es ging ihm anscheinend sehr schlecht, und sie hatte ihm vor nicht allzu langer Zeit ihre Unterstützung zugesagt. Markus hatte sie gestern Abend getroffen und abgesehen davon, dass er anfangs wütend gewesen war, weil sie das letzte Treffen abgesagt hatte, war es ein schöner Abend geworden. Und es hatte gut getan, in seinen Armen einzuschlafen. Daran dachte sie wehmütig, als sie mit ihrem roten Opel Corsa in Richtung Chiemsee fuhr. Sie hatte Markus, der sie am Morgen nicht gehen lassen wollte, gesagt, sie müsse in der Bücherei arbeiten, da am Sonntag dort eine Buchausstellung stattfinden sollte, was nicht einmal gelogen war. Und sie hatte versprochen, sich noch am Abend bei ihm zu melden. Er war so lieb und nett zu ihr gewesen, so aufmerksam und großzügig, dass sie ihm nichts abschlagen konnte. Aber sie hatte es auch nicht übers Herz gebracht, ihm zu erzählen, dass Kalle wieder in Deutschland war, in einer Psychiatrie in Oberbayern. Wenn sie ihm das gesagt hätte, würde er sie bestimmt rund um die Uhr bewachen. Nein, Markus durfte nicht erfahren, dass sie Kalle besuchte. Er würde es nicht verstehen. Für ihn war Kalle lediglich ein hochprozentiger Nebenbuhler, der sie schon viel länger kannte als er selbst. Carmen fand Markus' Reaktion auf Kalle zwar überzogen, aber sie konnte nicht leugnen, dass auch ihr unwohl zumute war, wenn der Name Cindy fiel. Irgendwie schien auch Markus seine erste große Liebe immer noch nicht loszulassen. Und Carmen wusste nicht, wie sie reagiert hätte, wenn Cindy noch eine Rolle in Markus' Leben spielen würde. Sie stellte ihr Auto auf dem großzügigen Klinikparkplatz ab und ging zur Anmeldung. Sie erwähnte Kalles Namen und eine junge, hübsche Schwester konnte ihr sofort den Weg zu seiner Station erklären. Allerdings durfte sie ihn erst besuchen, wenn sie mit dem zuständigen Arzt gesprochen hatte. Dieser erschien sehr bald. "Sind Sie seine Freundin?", fragte er ernst. Carmen nickte. "Ihr Freund ist hier, weil er unter Suizdverdacht steht. Er hat wohl schon vor zwei Jahren einmal versucht, sich umzubringen, und alle Anzeichen weisen darauf hin,.." Der Arzt verstummte, weil er bemerkte, wie es in Carmen brodelte. "Es stimmt, er hat es damals versucht. Aber er ist ein anderer Mensch geworden. Er würde nie wieder auf den Gedanken kommen, seinem Leben ein Ende zu bereiten. Dazu ist es ihm viel zu kostbar." Der Arzt sah Carmen mitleidig an. "Und woher wollen Sie das wissen?" , fragte er. "Ich war mit ihm zusammen. Kalle war so optimistisch." Er räusperte sich verlegen. "Wenn Sie wollen, dass Ihr Freund wieder ins normale Leben zurückkehrt, sollten Sie auf jeden Fall versuchen, ihn von Alkohol und Drogen wegzubringen." Carmen lief ein kalter Schauer über den Rücken. "Wollen Sie ihren Freund sehen? Ich sage Ihnen gleich, es ist kein Vergnügen. Es geht ihm nicht gut." Carmen nickte. "Ich will ihn sehen. Ich will Kalle sehen." Der Arzt erhob sich von seinem Sessel und öffnete die Tür. Carmen fand sich in einem scheinbar unendlichen Gang wieder. An der letzten Tür wies sie der Arzt an, links abzubiegen, und sie betrat einen tristen, kahlen Raum, in dessen Mitte ein Bett stand. Beim genaueren Hinsehen erkannte sie, dass ein Mensch darin lag, den sie nur schwer als Kalle identifizieren konnte. Doch als er ihr schwach zulächelte, waren ihre Zweifel verschwunden.
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