Als Carmen erwachte, empfand sie ein Gefühl der Geborgenheit, das sie in den letzten Wochen schmerzlich vermißt hatte. Sie lag in Markus' Armen auf seiner Doppelbettcouch, und sie konnte seinen gleichmäßigen Atem vernehmen, was bedeutete, dass er noch schlief. Sie versuchte, sich an den gestrigen Abend zu erinnern. Markus hatte sie nach Arbeitsschluss an der Bücherei abgeholt, und sie waren, weil Carmen die bayerische Küche kennenlernen wollte, in den "Kastenwirt" zum Abendessen gegangen. Carmen hatte Leberkäse mit Kartoffelsalat und Spiegelei gewählt, während Markus mit Schweinsbraten, Kloß und Sauerkraut vorlieb nahm. Sie hatten zu Beginn jeder ein Weißbier getrunken und dann gemeinsam zwei Flaschen Rotwein geleert. Sie hatten nett miteinander geplaudert und viel gelacht. Carmen fühlte sich in Markus' Gegenwart sehr wohl. Er war unheimlich charmant, und er ließ durchblicken, dass er ihre Nähe genoß. Und er sah verdammt gut aus. Manchmal bildete sie sich ein, daß einige der anderen Gäste ab und zu einen bewundernden Blick zu ihrem Tisch schweifen ließen. Carmen hatte noch mitbekommen, dass Markus die gesamte Zeche bezahlt hatte, etwas anderes kam für ihn gar nicht in Frage. Dann hatten sie sich ins Freie begeben, und Carmen konnte nicht mehr sagen, wohin sie gegangen waren. Natürlich, in Markus' Appartement, aber wo sich das befand, wußte sie nicht. Sie erinnerte sich dunkel, dass Markus noch eine Flasche Champagner geöffnet hatte. Markus hatte eine CD eingelegt, irgendwelche Kuschelmusik, und sie hatten engumschlungen getanzt. Später war die Angelegenheit wohl etwas intimer geworden, denn Carmen stellte fest, dass lediglich ein Sweatshirt am Leib trug. Sie erschrak und Angst stieg in ihr auf. Zweifellos hatte sie mit Markus geschlafen. Wenn es für ihn nur ein Onenight-Stand gewesen war und sie die Konsequenzen tragen mußte? Sie hätte gestern nicht mit ihm in seine Wohnung gehen dürfen. Es war doch klar, worauf alles hinauslief. Sie hatte sich von seinem Charme einwickeln lassen. Sie war auf ihn hereingefallen. Carmen versuchte, sich seiner Umarmung zu entziehen. Sie krabbelte von der Couch und suchte ihre Sachen. Glücklicherweise lagen diese ordentlich zusammengelegt auf einem Stuhl. Leise zog sie sich an. Sie erschrak, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Markus stand neben ihr und zog sie an sich heran. "Du willst doch nicht etwa schon gehen?" Er küßte sie auf die Stirn. Sie blickte rasch auf ihre Armbanduhr, die 9.15 Uhr anzeigte. "Oh doch, ich glaube, es ist an der Zeit.", erwiderte sie hastig. "Heute ist Samstag, Carmen!" Seine Hände berührten sanft ihren Rücken und führen hinunter bis zu ihrem Po. "Wir können das ganze Wochenende gemeinsam verbringen." Sie glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. Wollte er wirklich mit ihr zusammen sein? Er küßte sie erneut. Dann hielt er inne und sagte mit weicher Stimme. "Carmen, die letzte Nacht war wunderschön. Ich wünsche mir, es folgen ihr noch viele." Sie fuhr ihm durch das blonde Haar. Er war groß, aber nicht ganz so riesig wie Kalle, stellte sie dabei fest. Carmen lächelte. "Eigentlich habe ich am Wochenende nichts Dringendes vor. Ich müßte nur mal Andrea anrufen, damit sie sich keine Sorgen macht.", gab Carmen zu bedenken. "Und was willst du ihr erzählen?", fragte er scherzhaft. "Na, dass ich erst am Sonntagabend heimkomme.", erwiderte sie schlagfertig. "Das ist okay, Schatz!" Markus umarmte sie und streifte ihr das Sweatshirt wieder vom Körper.
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