Robert Ragonski stand unschlüssig vor dem Betriebsgebäude, in dem Kalle arbeitete. Es würde peinlich sein, wenn er sich als Vater hier nach seinem Sohn erkundigte. Allerdings wußte er auch sehr gut, wie ähnlich ihm Kalle sah. Er wagte es nicht, sich für jemand anders auszugeben. Er betrat den langen schmalen Gang und studierte die Türschilder. Vor der Tür mit der Aufschrift Meisterbüro blieb er stehen und klopfte heftig an. "Herein!", brummelte eine unfreundliche Männerstimme. Robert öffnete die Tür und sah einen etwa fünfzigjährigen, Zigarre rauchenden Mann mit Halbglatze an einem der drei Schreibtische sitzen. "Guten Tag, mein Name ist Ragonski", sagte Robert, und nach einer kurzen, verlegenen Pause. "Ich komme wegen meinem Sohn Kalle." Der Mann erhob sich. "Winckelmann, ich bin sein Meister. Sie kommen mir übrigens wie gerufen. Ihr Sohn steht kurz vor dem Rausschmiss. Ich habe ihm bereits eine Abmahnung erteilt, aber..." "Ja, er", unterbrach ihn Robert. "Er hat Probleme." Der Meister lachte hämisch auf. "Probleme mit den Weibern wahrscheinlich. So kann ich mir jedenfalls sein häufiges Zuspätkommen erklären." Sein Gesicht wurde plötzlich ernst. "Sagen Sie Ihrem Sohn, dass er seine Probleme außerhalb der Arbeitszeit klären soll. Sonst hat er ein weiteres Problem, nämlich keine Arbeit mehr!" Es klopfte. Ehe Robert etwas erwidern konnte, brummte Herr Winckelmann erneut. "Herein!" Ein kräftiger, rothaariger, junger Mann stand im Türrahmen. "Kerner!", der Meister brüllte fast. "Es ist noch nicht 7 Uhr. Kann man am frühen Morgen denn nicht mal in Ruhe seine Zigarre rauchen?" Alex näherte sich dennoch dem Schreibtisch und warf einen verdutzten Blick auf den Mann, der Kalle, das gewahrte er sofort, verdammt ähnlich sah. "Entschuldigen Sie, Herr Winckelmann, ich wollte nur Kalle entschuldigen. Er ist krank. Den Krankenschein reicht er nach." Der Meister blies Kringel in die Luft. "So, so, das wollen wir hoffen. Nicht, dass er wieder an gewissen Problemen erkrankt ist." Er grinste Robert verschmitzt an, der sich in seiner Haut sehr unwohl fühlte. "War's das jetzt?", fragte Winckelmann barsch. Robert und Alex nickten synchron. "Auf Wiedersehen!", sagte Robert schnell und floh aus dem vernebelten Zimmer. Alex holte ihn auf dem Flur ein. "Sie sind Kalles Vater, nicht wahr?" Robert nickte stumm. "Ich heiße Alex Kerner. Falls Sie Kalle suchen, Sie brauchen sich keine Sorgen um ihn zu machen. Er ist in meiner Wohnung. Ich habe ihn nur schlafen lassen, weil er sich gestern betrunken hat, was ja auch kein Wunder ist..." Die beiden waren am Ausgang angelangt. Robert blieb stehen. "Danke für dein Verständnis, Alex. Kannst du Kalle bitte ausrichten, dass wir uns freuen würden, wenn er nach Hause käme?" Alex schien einen Moment lang zu überlegen. Dann sagte er. "Ich kann Ihnen meinen Wohnungsschlüssel geben. Dann können Sie selber mit ihm reden. Ich wohne in der Dantestraße 9 in der ersten Etage. Wissen Sie, wo das ungefähr ist?" Robert nickte. Er kannte die Straße. "Wenn du meinst, das geht in Ordnung?" "Na klar, wenn ihr geht, schmeißt den Schlüssel einfach in den Briefkasten." Alex trennte den Wohnungsschlüssel von seinem Schlüsselbund ab. "Der paßt auch an der Haustür.", erklärte er noch. Robert nahm den Schlüssel. "Ich danke dir für dein Vertrauen." Es klang fast unterwürfig. "Gern geschehen." Alex blickte zur Uhr. "Ich muss los. Tschüss, war nett, Sie kennenzulernen." Alex rannte über den Hof zur Werkstatt. "Ja, tschüss, dann!", rief Robert ihm hinterher. Mit der Wahl dieses Freundes schien Kalle wirklich mal Glück zu haben, dachte er bei sich.
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