"Gib mir die Autoschlüssel, verdammt noch mal!", sagte Alex streng zu Kalle. "Deine Fahne riecht man ja auf 30 Kilometer gegen den Wind. Schlimm genug, dass du mit dem Moped hergekommen bist." Das war eindeutig ein Vorwurf, und Alex sah seinen um mindestens einen halben Kopf größeren, jüngeren Kollegen scharf an. Kalle senkte daraufhin den Blick und trabte schuldbewusst zur Beifahrertür des weißen Ford Transit. Auf dem Weg zur Baustelle, sie fuhren über eine halbe Stunde, sagte keiner der beiden ein Wort. Kalle kämpfte verzweifelt gegen den Schlaf, der ihn überwältigen wollte, und Alex konzentrierte sich auf den recht belebten Straßenverkehr. Als sie an dem Einfamilienhaus angekommen waren, stieg Alex aus dem Auto, öffnete die Kofferraumtür , suchte eine Decke hervor und warf sie Kalle auf den Schoß. Er deutete auf das hinter ihnen liegende Kiefernwaldstück. "Da kannst du erstmal deinen Rausch ausschlafen. Ich fange schon mal an." Kalle zog unbeholfen die Schultern nach oben und murmelte ein kaum verständliches "Danke." Mit solch einem Luxus hatte er nicht gerechnet und obwohl ihm die Situation durchaus peinlich war, gab er der Bequemlichkeit und Notwendigkeit des Angebots nach. Mit bedächtigen Schritten verkroch er sich in dem Kiefernwäldchen. Alex blickte ihm besorgt kopfschüttelnd nach und begann mit der Arbeit. Es dauerte zwei Stunden, bis Kalle wieder auftauchte. Sein Gesicht sah entspannter aus. Die dunklen Ränder unter seinen Augen waren verblasst. Offensichtlich hatte er geschlafen, und das war gut so, dachte Alex. "Du hast Recht, ich habe ein Problem.", gestand Kalle ernst, als er auf das Gerüst neben Alex gesprungen war. "Wie wäre es, wenn wir uns heute Abend mal darüber unterhalten? Vielleicht könnten wir vorher ins Fitnessstudio gehen." Kalle fiel Alex ins Wort. "Oh, das wäre nicht so gut, vor allem zu teuer." "In Ordnung, dann gehen wir halt joggen.", lautete Alex Alternative. "Der einzige Sport, von dem ich wirklich Ahnung habe, ist Fußball.", wandte Kalle ein. "Umso besser", Alex war begeistert."Ich könnte nämlich noch einen Cotrainer für meine E-Jugend gebrauchen, aber das können wir alles heute Abend bei einem Bier besprechen. Aber mehr als drei Flaschen kriegst du nicht. Ich will nicht jeden Tag fahren." Kalle räusperte sich."Ist schon klar. Ich gelobe Besserung." Er legte die Decke in den Kofferraum. "So, jetzt müssen wir aber einen Zahn zulegen, damit wir noch was schaffen!", trieb Alex zur Arbeit an. "Wenn der Alte mir den Lohn kürzt, kann ich unter der Brücke schlafen. Ich habe nämlich niemanden, der die Miete für mich bezahlt." Kalle war verärgert über Alex Vorwurf, aber immerhin hatte er schon drei Stunden blau gemacht. "Also, worauf warten wir noch?" Schwungvoll tauchte Kalle die Bürste in den Eimer mit der weißen Farbe und begann, die verputzte Wand zu überstreichen.
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